Hallöchen :)
Wie wahrscheinlich einige von euch wissen, habe ich Anfang diesen Jahres mein duales Studium abgeschlossen. Ich werde oft gefragt, ob ich so ein Programm noch einmal machen würde... Vielleicht fragt ihr euch ja selbst, ob so eine Form der Ausbildung etwas für euch ist, oder nicht - hier schildere ich euch mal meine Erfahrungen mit dem Programm.
Zunächst einmal ist ja nicht jedes duale Studium gleich. Es gibt unterschiedliche Ausrichter, verschiedene Studiengänge und auch verschiedene Ausbildungsberufe, die damit kombiniert werden können.
Bei mir hat es sich damals mehr oder weniger zufällig ergeben, dass ich an diesem Programm teilgenommen habe. Ursprünglich wollte ich immer studieren; im Laufe der Jahre waren Jura, Medizin und viele andere Fächer mein Wunschstudiengang. Aber irgendwie kommt es immer anders als man denkt. Im letzten Halbjahr habe ich auf einmal kalte Füße bekommen, als ich mir die Studienangebote der unterschiedlichsten Hochschulen angeschaut habe und war komplett überfordert. Was will ich eigentlich wirklich werden? Was kann ich? Was interessiert mich? Wo habe ich überhaupt eine Chance angenommen zu werden? Ich wusste, dass ich irgendwas machen will, wo man sich nicht zu früh für einen bestimmten Weg entscheiden muss, und ich wusste auch, dass ich den NC für Medizin niemals bekommen werde... und ich wusste, dass ich mein Englisch definitiv noch weiter ausbauen wollte. Ich konnte mir gar nicht wirklich vorstellen, was man mit den einzelnen Abschlüssen überhaupt machen kann... woher denn auch?
So kam es dann, dass ich irgendwann von dem Gedanken Arbeit und Studium zu kombinieren doch total angetan war. Eigentlich kam meine Bewerbung zu spät. Die meisten dualen Ausbildungsplätze waren schon vergeben und eigentlich war meine Entscheidung auch mehr eine "Notlösung" ich kam auf die Idee einfach eine Bewerbung zu schreiben und wollte schauen was passiert. Wenn ich ein duales Studium machen soll, dann bekomme ich auch eines. - ich habe eins bekommen. Damit war mein Weg also klar, nach dem Abi stand die Kombination Groß- und Außenhandelskauffrau-Ausbildung + BWL-Studium an.
Das Programm dauert 3,5 Jahre und wurde von der VWA und der Hochschule ausgerichtet und organisiert. Die ersten zwei Jahre bedeutete vier Tage im Unternehmen, einen Tag Berufsschule die Woche plus einen Abend unter der Woche Vorlesung und am Samstag Vorlesung. Nach diesen zwei Jahren stand die kaufmännische Abschlussprüfung bei der IHK an und danach musste ich nur noch drei Tage im Unternehmen sein und donnerstags und freitags in der Hochschule.
Um ehrlich zu sein hätte man sich die zwei Jahre Berufsschule auch schenken können. Dort werden einem Inhalte vermittelt, die man entweder schon aus der Schule kennt oder im Studium noch durchgeht. Besser wäre es gewesen auf den ausführlichen Unterricht zu verzichten und dafür dann einen kompletten Tag Vorlesungen zu haben... aber das ist wahrscheinlich auch Ansichtssache und die Lehrer spielen hier mit Sicherheit auch eine große Rolle. Auf der einen Seit erwartete man von uns mehr Leistung, Vernunft und ein schnelleres Lerntempo als von "normalen" Berufsschülern, aber behandelte uns wie kleine Kinder, was in Anbetracht des Altersdurchschnitts von 22 in unserer Klasse ziemlich unangebracht war. Wie gesagt, hier kommt es auch immer auf die Lehrer an...
Was mir erst während des Studiums so richtig klar wurde, war dass wir keine Entscheidungsfreiräume oder Wahlmöglichkeiten hatten, was unsere Vertiefungsmodule anging. Jedes Modul hatte seine Vertiefungen und alles war vorbestimmt (dies ist nicht bei jedem dieser Programme der Fall, einige bieten den Studenten die Möglichkeit Vertiefungen selbst zu wählen). Zum einen demotivierte das etwas, da man auch die Module vertiefen musste, die einem so gar nicht zusagten; und zwar ALLE, die einem gar nicht gefielen. Besonders schrecklich fand ich sämtliche juristischen Module, sowie Conrolling! Natürlich, wenn man mehrere Vertiefungen in allen Modulen, durch sämtliche Semester belegt, hat es den Vorteil, dass man von allem ein bisschen was kann... aber irgendwie hatte ich das Gefühl auf keinem Gebiet ein "Spezialist" zu sein. Ich habe das Gefühl ich kann alles ein bisschen und nichts so wirklich.
Ist ein duales Studium stressig?- teilweise ja. Natürlich ist es eine Doppelbelastung arbeiten zu gehen und "nebenbei" zu studieren. Die Inhalte unseres Studienganges waren identisch zu denen der Vollzeitstudenten, wurden nur für die Vorlesungen komprimiert. Der Stressfaktor ist auch immer abhängig von dem Anspruch, den man an sich selbst und seine Leistungen stellt. Will man überall Bestnoten erzielen? Will man einfach nur irgendwie "durchkommen" oder gibt man sich mit dem Mittelmaß zufrieden? Diesen Weg muss jeder für sich selbst wählen, dennoch sollte man sich zu Beginn bewusst sein was man will und nicht versuchen in den letzten Semestern vorherige schlechtere Noten auszugleichen... Durch das Studium am Samstag hat man natürlich weniger Freizeit und auch eine Party am Freitag muss man ausfallen oder zumindest kürzer ausfallen... aber dessen sollte man sich zuvor bewusst sein, wenn man diesen Weg gehen will. Einiges fällt jedoch auch leichter, weil man die vermittelte Theorie gleich mit der Praxis verknüpfen kann, eigene Fallbeispiele findet und täglich auf der Arbeit mit einigen Studieninhalten (gewiss nicht mit allen) konfrontiert wird. Ich bin der Meinung, dass man eine ganz andere Sichtweise hat, wenn man sich nicht "nur" theoretisch mit den Studieninhalten auseinandersetzt. Natürlich macht sich solch eine Form der Ausbildung ganz gut im Lebenslauf, aber alleine das ist noch kein Grund sich wirklich dafür zu entscheiden.
Der Tag ist für duale Studenten nicht beendet wenn sie von der Arbeit nach Hause kommen, denn auch Hausarbeiten müssen geschrieben werden und der Klausurstoff kommt auch nicht von selbst in die Birne.
Es gibt unterschiedliche Konzepte, es gibt ein Blockprogramm, hier ist man einige Wochen nur im Unternehmen und anschließend einige Wochen nur in der Hochschule. und es gibt das Modell, welches ich gemacht habe... beides hat seine Vor-und Nachteile... man sollte beide Modelle kennen und sich überlegen mit welchem man sich eher anfreunden kann.
Ist ein duales Studium teuer? - es gibt unterschiedliche Finanzierungsmodelle, einige Unternehmen übernehmen alle Studiengebühren und sogar Kosten für Bücher etc., manche beteiligen sich an den Studiengebühren und einige bieten "lediglich" die Ausbildung und keine finanzielle Unterstützung für das Studium... es ist angenehm, wenn neben dem Studium eine dauerhafte Einnahmequelle vorhanden ist und man sich keine Gedanken um Geld machen muss, weil man von Anfang an weiß was man verdient. Es ist wichtig zu wissen ob man mit dem Gehalt auskommt, oder ob man eventuell noch mehr Geld benötigt um seinen Lebensstandard zu finanzieren... Bei mir reichte meine Ausbildungsvergütung nicht aus um meine Wohnung und mein Auto zu finanzieren, also bin ich am Wochenende oder teilweise nach der Arbeit noch kellnern gegangen... das war nicht ideal aber irgendwie ging auch das. Heute könnte ich mir das nicht mehr vorstellen, aber es war möglich!
Ich habe in dieser Zeit echt tolle Leute kennengelernt und bin manchmal über meine Grenzen hinausgegangen... ich möchte diese Zeit nicht mehr missen, dennoch würde ich genau dieses Programm für mich persönlich nicht noch einmal wählen. Wenn ich die Wahl hätte, würde ich mich für ein Modell entscheiden, indem ich für die letzten Semester selbst Vertiefungen wählen kann, um wenigstens auf einem, oder zwei Gebieten wirklich fit zu sein und nicht überall "Halbwissen" zu haben.... Dennoch könnte ich mir niemals vorstellen, wenn ich beispielsweise noch einen Master mache, "nur" zu studieren... Ich habe mich an das Gehalt und die tägliche Arbeit gewöhnt, jeden Tag zu lernen wäre für mich jetzt unvorstellbar... ich glaube ich könnte das nicht mehr...
Das war natürlich nur ein kleiner Ausschnitt von den 3,5 Jahren, denn die kann man nicht in einem Blospost zusammenfassen... aber diese Punkte sind für mich besonders wichtig und wenn ich das vorher gewusst hätte, hätte ich mich eventuell anders entschieden...
Letztendlich muss jeder selbst wissen, was er oder sie mit der eigenen Zukunft anfangen will... ich kann lediglich meine Erfahrungen schildern und vielleicht sind da ja auch einige Punkte dabei, die man vor Studienbeginn gar nicht beachtet?! :)
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